Der letzte Tag im Paradies? - Zumindest ist es aufgeräumt.

Da ich wusste, dass mein Abreisetag aufgrund fehlender Gesellschaft relativ monoton wird (chaotischer Visakämpfe verschoben die Abreise - aber solche Geschichten kennt man ja zur Genüge), beschloss ich, ihn zu protokollieren - deshalb präsentiere ich: "Der letzte Tag im Paradies? - Zumindest ist es aufgeräumt."

06:59 | Ich wache auf. Bin müde.
07:45 | Ich stehe auf. Frühstück.
08:49 | Rein in den Bus - über ein paar Ecken geht es auf nach Berlin Tegel.
08:53 | Ich stehe ratlos an der Haltestelle U Osloer Straße - plötzlich hält neben mir ein Mann mit Fahrrad. Er fragt, ob ich Hilfe brauche und macht mich darauf aufmerksam, dass die Anschlussbusse nur eine Ecke weiter halten. Faith in humanity restored!
09:05 | Der Bus fährt an einem indischen Restaurant vorbei - so etwas fällt mir jetzt auf.
10:07 | Nach ewigem herumirren im Flughafen, finde ich den Schalter für das frühe Einchecken  und gleichzeitig einen Weg, den dicken Gurt und die tausend Bändchen des Trekkingrucksackes zu verstauen. Ich bin stolz auf mich.
12:00 | Ich nehme meinen Platz A in Reihe 27 des kleinen Airbus A321 ein. Neben mir sitzt ein älterer Herr im Anzug. Bestimmt ein Geschäftsmann. Er liest die BILD. Es stinkt.
12:20 | Take off nach Frankfurt. Die BILD liegt jetzt neben mir. Igitt.
12:47 | Der Mann packt die Financial Times Deutschland aus. Die BILD liegt daneben. Habs doch gewusst.
12:50 | Aus Neugierde trinke ich Tomatensaft. Und Tomatensaft mit Pfeffer. Und Tomatensaft mit Pfeffer und Salz. Das anfängliche Grauen weicht leiser Verwunderung. In der Luft ist alles trinkbar. Ich spüle mit einem Glas Orangensaft nach.
13:06 | Wir befinden uns im Landeanflug. Offenbar saß auf meinem Platz beim letzten Flug jemand mit Zeichentalent. Der nette Hinweis auf den Tragflächen war mir auch schon aufgefallen.

13:34 | Ich habe mich gerade im Wartebereich für den Anschlussflug 16 Uhr nach Pune niedergelassen, da spricht mich eine motivierte Frau an - Meinungsumfrage. Wie gefällt es Ihnen auf dem Flughafen Frankfurt? Service? Einkaufen? Toilettengestaltung? Da die zehn Minuten hier mir ein umfassendes Bild der Einrichtung gaben, versichere ich ihr, es sei der schönste Flughafen der Welt. Ich gebe die Schulnote 3 - weil ich es kann. Plötzlich ertönt von meinem Abflugterminal ein ohrenbetäubendes Piepen. Ich korrigiere die Note nach unten.
14:15 | Zeitvertreib mit einem Telefonat. Sozusagen die Abschiedsparty für meine deutsche SIM-Karte.
15:27 | Ich kaufe mir ein Tetrapack Milch - Vanillegeschmack. Die ersten drei Schlucke schmecken.
15:50 | Nachdem ich mein Bording gefilmt habe, nehme ich meinen Platz im Flugapparat nach Pune ein. Neben mir sitzt eine Amerikanerin. Sie ist begeistert, dass ich zwei und sogar noch mehr Sprachen spreche. Wie ich die Durchschnittsamerikaner liebe.
16:05 | Take off #2 an diesem Tag. Ich winke dem Land der Sitzklos hinterher.
16:30 | Es gibt (Nach-) Mittagsessen. Ich nehme "Chicken". Mir wird schlecht. Es könnte auch an der Vanillemilch liegen. Egal, es gibt ja ein spannendes Unterhaltungsprogramm.
23:56 | Mitternachtsmahl: diesmal nehme ich vorsichtshalber "Indian vegan" - Lecker! 


Dies sollte mein letzter Gedanke am 17.08.2012 sein. Um 03:55 Ortszeit lande ich in Pune. Es ist schwülwarm und ich trotzdem fühle ich mich wohl. Vor dem Saal mit den Passkontrollstellen begrüßt mich freundlich ein Soldat. Ich drehe mich noch einmal um: ja, der Uniformierte lächelt. Sachen gibt's. Vor dem Flughafen erwarten mich bereits Anna und Mario - und im Eiltempo fährt uns das Taxi zu unserer Unterkunft in Koregaon Park - dem wohl westlichsten Stadtteil von Pune. In einem kleinen Seitenweg schließlich ereignet sich eine winzige Episode, die mir dennoch wichtig erscheint: Dort saß ein dem Anschein nach obdachloser älterer Mann mit Decke in einem Schaukelstuhl. Als wir herankommen lächelt er uns an - und grüßt freundlich. Wir erwidern den Gruß ebenso nett und betreten "unser" Haus. Ich schlafe schließlich mit einem guten Gefühl ein.